Biokunststoffe Konkurrenz zu Nahrungsmitteln?

In Europa fordert man Biokunststoffe mit einem hohem Anteil aus nachwachsenden Rohstoffen. Demgegenüber trifft man immer wieder auf die Meinung, Biowerkstoffe könnten in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln stehen. Man möchte entsprechend Biowerkstoffe mit einem kleinen Anteil aus nachwachsenden Rohstoffen. Was ist nun richtig? Ein gängiges Argument gegen Biowerkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen besteht aus der behaupteten direkten oder indirekten Konkurrenz zu Nahrungsmitteln. Im Extremfall, so wird mindestens argumentiert, sollen Biokunststoffe für Hungersnöte in ausgewählten Regionen der Welt verantwortlich gemacht werden können. Wie das gehen soll, und welche vermeintlichen Zusammenhänge dabei unterstellt werden, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Vorab sei auf die Differenzierung zwischen direkter und indirekter Konkurrenz hingewiesen. Mit direkter Konkurrenz bezeichnen wir nachfolgend die Vorstellung, dass gewisse Rohstoffe wie etwa Mais oder Kartoffeln nicht als Nahrungsmittel, sondern eben als Rohstoffe zur Fertigung von Biokunststoffen eingesetzt werden. Anstelle von „auf dem Teller“ landen die Nahrungsmittel in der Verarbeitungsanlage für Biowerkstoffe. In der Tat beinhalten viele Biowerkstoffe Stärke, welche aus Mais oder Kartoffeln gewonnen werden kann. Man muss sich allerdings von der naheliegenden Vorstellung trennen, dass es sich in der Praxis um dieselben Typen dieser Rohstoffe handelt. Zur Fertigung von Biowerkstoffen auf Kartoffelstärke- Basis verwendet man beispielsweise Industriekartoffeln, welche zwar theoretisch konsumierbar sind, praktisch aber aufgrund des fehlenden Geschmacks nicht gegessen werden. Unter indirekter Konkurrenz verstehen wir nachfolgend die Möglichkeit, dass Bauern zukünftig etwa spezielle Mais- oder Kartoffelsorten anpflanzen, welche sich in der oben beschriebenen Weise besonders gut zur Herstellung von z. B. Biowerkstoffen eignen. Die Konkurrenz besteht hier also nicht in der direkten Verwendung der hergestellten Rohstoffe, sondern bereits im Angebot. Die gängige Schlussfolgerung lautet etwa wie folgt: - Die Industrie ist bereit, für ihre Rohstoffe mehr zu bezahlen, als etwa der Handel für Nahrungsmittel. - Bauern werden deshalb zukünftig keine Nahrungsmittel mehr anpflanzen. Sie können durch die Anpflanzung von spezifischen Rohstoffen (zur Fertigung von Biowerkstoffen) mehr Geld verdienen. Weil Bauern auf ihren Ackerflächen weniger Nahrungsmittel anpflanzen, reduziert sich das Angebot an essbaren Nahrungsmitteln. - Weil sich, bei gleichzeitigem Wachstum der Nachfrage, das Angebot reduziert, steigen die Preise für solche Nahrungsmittel. - Weil die Preise für Nahrungsmittel steigen, können sich gewisse Bevölkerungsgruppen diese Nahrungsmittel nicht mehr leisten. - Weil sich diese Personen die Nahrungsmittel nicht mehr leisten können, müssen sie hungern. - Das Argument der indirekten Konkurrenz ist, wenn auch wie dargestellt auf ziemlich vielen Annahmen beruhend, wesentlich breiter abgestützt wie die postulierte direkte Konkurrenz. Aus diesem Grund bezieht man sich in der Diskussion normalerweise wohl auf eine mögliche indirekte Konkurrenz zwischen Biowerkstoffen und Nahrungsmitteln. Biokraftstoffe als Ausgangspunkt der Diskussion Aus diesem Grund lohnt es sich nicht nur einen Blick auf die Ausgangsdiskussion, also die Biokraftstoffproblematik, zu werfen, sondern auch die Differenzen dieser zwei Gebiete hervorzuheben. Konkret kann man beispielsweise durchaus gegen den Einsatz von Biokraftstoffen sein und gleichzeitig Biowerkstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen positiv begrüssen, ohne sich dabei zu widersprechen. Auch wenn beide Kategorien aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden, ist das beschriebene Argument im Fall der Biowerkstoffe kaum rechtfertigbar. Quelle: Business Link
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